Ohne Filter in der Suppe

Partielle Sonnenfinsternis 3. Oktober 2005


Wer findet die Sonne?

Am 3. Oktober ereignete sich über Deutschland eine partielle (teilweise) Verfinsterung der Sonne durch den Mond. In Spanien und über Afrika war diese Sonnenfinsternis sogar ringförmig zu sehen. Doch leider fehlte es mir an Zeit und dem nötigen Kleingeld zu einer Reise in den Süden.

Also nahm ich mir vor, diese Sonnenfinsternis an meiner "Heimatsternwarte" in Paderborn zu beobachten. Die Wetteraussichten schienen ganz gut zu sein. Im Süden und Osten Deutschlands sollte es bewölkt und regnerisch sein, im Norden und Westen jedoch nicht. So ganz traute ich den Vorhersagen jedoch nicht, denn am Rand der Mittelgebirge stauen sich doch öfters mal die Wolken. Aber dank Internet und guter Wettersatelliten sollte das kein großes Problem sein, dachte ich mir. Zur Not würde ich eben am frühen Morgen Richtung Nordwesten mit dem Auto fahren. Doch schon am Abend schwante mir übles. Als ich gegen Mitternacht von einer öffentlichen Sternwartenbeobachtungsnacht nach Hause fuhr, war es über den Wiesen schon recht neblig.

Und am Morgen des 3. Oktober trat dann tatsächlich der GAU ein: eine dicke Nebelsuppe versperrte jeden Blick zum Himmel. Dabei ist die Sennelandschaft, an der mein Wohnort angrenzt, eigentlich recht unanfällig für solch ein Wetter. Schnell den Computer eingeschaltet und die schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich. In den Verkehrshinweisen hieß es lapidar: "In ganz Nordrhein-Westfalen Behinderungen durch Nebel mit Sichtweiten teilweise unter 50m". Und ein Blick auf verschiedene Wetterstationen zeigte morgends zwischen 7 und 8 Uhr überall nur die gleiche dicke Suppe.

Wohin sollte man da fahren? Und überhaupt, bei solchen Verkehrsverhältnissen würde man sowieso nicht weit kommen. Hoffen, dass es doch noch aufklart? Nein, irgendetwas musste ich tun. Mein Instinkt sagte mir, in größeren Städten ist es im algemeinen weniger neblig als auf dem flachen Land, und wenn ich vielleicht irgendwo etwas höher hinaufkomme, wird es vielleicht auch besser. In Richtung Süden oder Osten zu fahren verbot die Bewölkungsvorhersage, also blieb nur Richtung Norden, zunächst nach Bielefeld, dachte ich mir, wenn das nichts hilft, die A33 weiter Richtung Osnabrück. Am Teutoburger Wald ist man vielleicht doch etwas höher als anderswo. Irgendwo muss es doch auch Nebellücken geben!


Kurz nach Beginn um 10:04 MESZ, Canon 350D, 55mm, 1/500s, f/20, ISO200

Und zum Glück kam es so auch. Mitten in Bielefeld wurde es plötzlich heller, ja es war sogar kurz Schatten zu sehen, es gab die Sonne tatsächlich noch. Und gibt es hier nicht auch eine Volkssternwarte? Die Adresse zu finden war nicht schwer, der Ortsteil Ubedissen lag jedoch schon wieder einige Kilometer außerhalb. Und als ich dort ankam, gab es gleich den nächsten Schreck: die Sonne war schon wieder weg. Umkehren? Zurück in die Stadtmitte? Nein - da blinzelte die Sonne doch schon wieder durch den Nebel. Also beschloss ich dort zu bleiben.

Die Sternwarte befindet sich auf dem Dach eines Altenheims. Einige Sternfreunde hatten dort verschiedene Geräte aufgebaut. Gleich zwei C8 von Celestron, weitere größere und kleinere Teleskope und mehrere Fotoapparate mit unterschiedlichsten Teleobjektiven. Ich hatte mein PST im Kofferraum des Autos dabei und natürlich auch gleich aufgestellt. So zwischen zehn und zwanzig Sternfreunde hatten sich eingefunden.


10:16 Uhr, 1/4000, f/5.6, 300mm, ISO100

Die Beobachtung wurde ein echtes Wechselspiel der Gefühle. Immer wieder tauchte die Sonne in der Nebelsuppe unter, doch zwischendurch war sie auch immer wieder zu sehen. Wir Sternfreunde predigen ja bei jeder Gelegenheit, dass man nie ungeschützt in die Sonen schauen darf, schon gar nicht mit Ferngläsern oder Teleskopen. Doch diesmal war das wirklich alles Nonsens, denn der Nebel filterte das Sonnenlicht so stark ab, das man praktisch den ganzen Verlauf (so denn die Sonne überhaupt zu sehen war) ungeschützt beobachten konnte. Hinter den Teleskopen traute sich dies natürlich so richtig niemand; denn es hätte ja vielleicht doch schnell aufreißen können. Doch mit Sonnenfilter vor den Objektiven war beim besten Willen nichts zu sehen! Auch mein PST stand die meiste Zeit nutzlos herum. Immer wieder probierte ich, wenigstens etwas zu erkennen, aber zumeist doch erfolglos.

arbeitslose Teleskope
arbeitslose Teleskope

Zwischendurch noch einmal mit den Freunden in Paderborn telefoniert, doch dort war die Sonne noch überhaupt nicht zu sehen. Sollte ich es hier in Bielefeld tatsächlich so viel besser getroffen haben?

Während der größten Verfinsterung war dann natürlich auch die Nebelsuppe besonders dicht. So zogen die allermeisten vom Dach runter und schauten sich über das Internet ein paar Live-Bilder der Sonnenfinsternis aus Spanien an. Doch dann rief plötzlich wieder jemand vom Dach: "Die Sonne ist wieder da!" und alles strömte nach oben, in der Hoffnung jetzt etwas bessere Durchsicht zu haben.


11:19 Uhr, 1/4000, f/32, 300mm, ISO100

Alles in allem war es aber eine ganz entspannte Atmosphäre. Die Bilder hier auf der Seite habe ich auch nicht weiter bearbeitet. Ich bin überascht, das sie überhaupt etwas geworden sind. Denn auch ich habe mich natürlich nicht getraut, mal so "richtig" hell zu belichten, hatte ich doch auch immer Angst, dass "gleich" die Sonne richtig durchkommt und mir dann den Chip der Kamera verschmoren läßt. Deshalb die geringst mögliche Verschlusszeit.


11:58 Uhr, 1/4000, f/32, 300mm, ISO100

Doch es kam, wie so mancher schon vorher geunkt hatte: Gerade als die Finsternis vorüber war, wurde der nebel so dünn, dass die Sonne wieder Schatten warf. Später wurde es noch ein schöner Nachmittag mit vielem blauem Himmel, aber das ist schon wieder eine andere Geschichte.

Aber nett war es bei den Bielefeldern Sternfreunden auf alle Fälle - und im Gegensatz zu vielen anderen Orten Deutschlands haben wir ja doch irgendwie tatsächlich die Finsternis miterleben können. Und selbstverständlich habe ich die Bielefelder - wenn es beim nächsten Mal bei denen bewölkt sein sollte - zu uns nach Paderborn eingeladen.


Sternwarte Ubedissen

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